Geschichte Europas

Kalter Krieg und Wettrüsten

Aufteilung der Welt in zwei Machtblöcke

Nach dem 2. Weltkrieg teilten die Grossmächte Sowjetunion [Russland unter der Herrschaft der Kommunistischen Partei], China, USA, Grossbritannien und Frankreich die Welt faktisch in Einflusszonen auf. Deutschland als Ganzes und seine Hauptstadt Berlin wurden in je vier Besatzungszonen aufgeteilt. Die westlichen Besatzungszonen wurden 1949 zur Bundesrepublik Deutschland (BRD) zusammengeschlossen. Die Besatzungsmächte USA, GB und F sorgten 1945-46 in den Nürnberger Prozessen für die Bestrafung der wichtigsten Kriegsverbrecher, setzten ein Verbot nationalsozialistischer Parteien und Organisationen durch und überwachten den Demokratisierungsprozess. Spätestens seit den 1960'er Jahren gilt die BRD als stabile und mustergültige Demokratie.

Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen und Teile von Polen wurden der Sowjetunion einverleibt und die deutsch-polnische Grenze nach Westen an die Flüsse Oder und Neisse verschoben. In Ostdeutschland (der sogenannt Deutschen Demokratischen Republik DDR), Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien und Albanien wurden demokratische Kräfte unter dem Vorwand der "Säuberung des Staates von Faschisten und Kriegsverbrechern" verfolgt und die Kommunistische Partei als Marionette Moskaus an die Macht gebracht.

Als "Kalter Krieg" wird die von 1945 - 1989 dauernde Phase des Wettrüstens der Supermächte USA und Sowjetunion (und ihrer Verbündeten in der NATO bzw. im Warschauer Pakt) bezeichnet, in der unvorstellbare Rüstungsarsenale angehäuft wurden, ohne dass es zu einem direkten Krieg zwischen den beiden Machtblöcken gekommen wäre.


Die Schweiz im internationalen Spannungfeld

Die Schweiz behielt formell ihre Neutralität bei, trat keinem der beiden Militärbündnisse bei, konnte und wollte aber auch nicht verleugnen, dass sie mit ihrer freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung dem Westen nicht nur geografisch sondern auch ideologisch näher stand als den kommunistischen Diktaturen des Ostblocks. In vereinzelten Fällen waren gute Dienste der neutralen Schweiz gefragt, so u.a. 1953 in der bis heute bestehenden Kommission zur Überwachung des Waffenstillstandes zwischen Nord- und Südkorea. Mehrheitlich aber wurde der "Sonderfall" Schweiz belächelt oder gar als unsolidarisches Verhalten gebrandmarkt.


Volksaufstände und Flüchtlinge aus Osteuropa

Der Ungarn-Aufstand

In Ungarn entstand innerhalb der Kommunistischen Partei eine Gegenbewegung (1953 verkündete Imre Nagy den "Neuen Kurs", wurde aber gestürzt). Studenten forderten an Demonstrationen u.a. den Abzug der sowjetischen Truppen, die Auflösung der Geheimpolizei, freie Wahlen und Pressefreiheit. Der Volksaufstand im Oktober 1956 führte zunächst zum Rückzug der sowjetischen Truppen, wurde aber dann blutig niedergeschlagen. 200'000 Menschen flohen in den Westen, davon nahm die kleine Schweiz 10'000 auf (im Verhältnis zur eigenen Bevölkerung etwa doppelt so viele wie das übrige Westeuropa).

Besetzung des Gebirgslandes Tibet

1950 besetzen chinesische Truppen das asiatische Gebirgsland Tibet, das sich eben unter der Führung des Dalai-Lama auf den Weg in die Moderne gemacht hatte. Nach einem gescheiterten Aufstand 1959 mussten Tausende fliehen. Auch in der Schweiz wurden viele Flüchtlinge aus Tibet aufgenommen.

Flucht aus der DDR und Berliner Mauer

Die ständige Abwanderung aus der so genannten Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in die BRD (dort als "Abstimmung mit den Füssen", in der DDR als "Republikflucht" bezeichnet), wurde durch die DDR-Behörden mit dem Bau von Grenzsperren ("Eiserner Vorhang") und im geteilten Berlin mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 gestoppt. Fast jeder vierte Bürger der BRD stammte aus den an Polen verlorenen Ostgebieten oder aus der DDR! Da die DDR-Flüchtlinge in der BRD volle Bürgerrechte erhielten, kamen nur wenige von ihnen in die Schweiz.

Prager Frühling und Intervention der Sowjetunion

In der Tschechoslowakei leiteten 1968 Alexander Dubcek und Ludvik Svoboda Reformen ein ("Prager Frühling"), die von der Sowjetunion durch einen Truppeneinmarsch im August gestoppt wurden. Wiederum flohen Hunderttausende, viele davon in die Schweiz. Wie schon die Ungarn wurden sie in der Schweiz von einer grossen Mehrheit der Bevölkerung herzlich aufgenommen, ihre Freiheitsliebe stiess auf viel Sympathie.


Geistige Landesverteidigung im Kalten Krieg

In der Schweiz wurde die Geistige Landesverteidigung nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Eindruck des Kalten Krieges weitergeführt. Rechtsbürgerliche Kreise versuchten, das Feindbild des faschistischen Nationalsozialismus ungeachtet aller Unterschiede 1:1 auf den Kommunismus der Sowjetunion (Stalin), Chinas (Mao Tse-Tung) und der von ihnen abhängigen Staaten zu übertragen.

Nicht zu bestreiten ist, dass es sich beim Stalinismus und Maoismus um um totalitäre Diktaturen handelte, in denen eine kleine Gruppe von Parteifunktionären die Geschicke bestimmte, die Wahlen zu Alibiübungen verkamen, Eigeninitiative behindert und politsche Gegner verfolgt, in Konzentrationslager (nach Hitlers Vorbild!) gesteckt und im Laufe der Jahrzehnte Millionen von Menschen ermordet wurden. Der "Kalte Krieg" war zudem auch nur aus europäischer Sicht "kalt", denn in Korea, Vietnam, Afrika und Lateinamerika wurden Hunderte von bewaffneten Konflikten "heiss" ausgetragen. Jeder dieser Kriege hatte lokale Ursachen und wäre höchstwahrscheinlich auch ohne den Ost-West-Gegensatz geführt worden. Dennoch beschreibt der oft gebrauchte Begriff "Stellvertreterkrieg" einen wichtigen Teilaspekt. So wenig es der Sowjetunion um die "Befreiung unterdrückter Völker" ging, so häufig unterstützte die westliche Supermacht USA in diesen Konflikten nicht die Sache der Demokratie, sondern diejenige von faschistischen Militärdiktaturen, die US-Firmen günstige Bedingungen anboten.

Man wird nicht ernsthaft bestreiten können, dass der Ostblock versuchte, sein Gesellschaftsmodell auch mit militärischen Mitteln zu exportieren. Das von der Geistigen Landesverteidigung gezeichnete Schreckgespenst der "Kommunistischen Weltrevolution" war also nicht völlig aus der Luft gegriffen. Ebensowenig lässt sich aber verdrängen, dass weder die geistige noch die militärische Landesverteidigung der Schweiz Westeuropa inklusive der Schweiz vor eben dieser Weltrevolution bewahrten. Militärisch sorgte vielmehr das "Gleichgewicht des Schreckens" (gegenseitige atomare Abschreckung der Grossmächte) für Stablität. Politisch - und das war wohl wichtiger und vor allem nachhaltiger - dämpften der breit verteilte Wohlstand und die soziale Sicherheit im demokratischen Westeuropa die Lust der Bevölkerung auf revolutionäre Experimente.

Die Sozialdemokraten erkannten solche Zusammenhänge schon unmittelbar nach dem Krieg und distanzierten sich von der Geistigen Landesverteidigung, die ihnen den Weg zur Regierungsbeteiligung geebnet hatte. Sie konzentrierten sich lieber darauf, konstruktive Innen- und Sozialpolitik zu betreiben.

Die letzten unentwegten "Landesverteidiger" versuchten 1969, offensichtlich unter dem Schock der Ereignisse in der Tschechoslowakei, mit einem in alle Haushalte verteilten amtlichen Buch über Zivilverteidigung noch einmal das Schweizer Volk hinter sich zu scharen. Das in äusserst kriegerischem Tonfall geschriebene Buch löste heftige Diskussionen aus und wurde selbst in der bürgerlichen Presse mehrheitlich kritisch bis negativ beurteilt. Mit dieser fehlgeschlagenen Aktion war dann auch das Schicksal einer Bewegung besiegelt, die einst das ganze Volk geschlossen hinter sich geschart, aber durch die veränderten Bedingungen im Nachkriegseuropa im besten Sinne überflüssig geworden war.

Ein Blick auf die Wirkungen der Geistigen Landesverteidigung im Zweiten Weltkrieg, auf das rauhere soziale Klima der letzten Jahre seit dem Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa und auf die im Vergleich zu Westeuropa wesentlich grösseren sozialen Ungleichheiten in den USA legt folgenden Schluss nahe: Die Errungenschaften des modernen Sozialstaates sind zumindest teilweise einer durch äusseren Druck geförderten Kompromissbereitschaft der Arbeitgeberseite sowohl auf der betrieblichen Ebene (Löhne, Arbeitszeit, Ferien) wie auch in der Politik zu verdanken.

Wenn gewisse Historiker die Geistige Landesverteidigung nach dem Krieg selbst als faschistisch bezeichnen, trägt dies wenig zur Erhellung der Sachverhalte bei. Vielmehr entsteht durch die damit erzeugte Assoziation [gedankliche Verknüpfung] von "rechtsbürgerlich" und "faschistisch" eine unnötige Begriffsverwirrung und letztlich eine gefährliche Verharmlosung des Begriffs "Faschismus". (Für diejenigen, die den wirklichen Faschismus nicht erlebt haben, entsteht nämlich folgender falscher Eindruck: "Wenn rechtsbürgerliche Scharfmacher als Faschisten bezeichnet werden, aber gleichzeitig auf Bundesebene und in vielen Kanton an der Regierung beteiligt sind, kann doch Faschismus gar nicht so schlimm sein". Aber genau das darf nicht passieren!) Es wäre deshalb sinnvoller, den Begriff Faschismus konsequent nur für die Faschisten in Mussolinis Italien (Ursprung des Begriffs), den ihnen wesensverwandten Nationalsozialismus in Hitler-Deutschland und für rechtsgerichtete Militärdiktaturen (Franco in Spanien, Pinochet in Chile etc.) zu benützen. Dann nämlich tritt klar zutage, dass Faschismus ganz wesentlich mit Polizeistaat, Folter, Konzentrationslagern und politischen Massenmorden zu tun hat.


Die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE)

Für die Sicherung des Weltfriedens erwiesen sich - trotz aller zeitweiligen Rückschläge - letztlich internationale Organisationen als erfolgreicher. In der UNO konnte bzw. wollte die Schweiz bis vor kurzem nicht aktiv mitreden, hingegen beteiligten sich unsere Diplomaten durchaus erfolgreich an vertrauensbildenden Massnahmen zwischen Ost- und Westeuropa im Rahmen der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) ab 1973.





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